Die Mehrwertsteuer spielt eine Schlüsselrolle im Steuersystem der Schweiz. Obwohl die Höhe der Schweizer MWST im europäischen Vergleich relativ niedrig liegt, generiert diese Steuerart auf Bundesebene dennoch etwa 30% des Einkommens. Das ist nachvollziehbar, denn jeder Unternehmer hat in irgendeiner Weise mit der MWST zu tun – sowohl bei der Rechnungsstellung als auch beim Rechnungsausgleich. Dahinter verstecken sich zahlreiche Vorschriften wie Vorsteuerabzüge, Abrechnungsperioden, diverse anwendbare Steuersätze, Anmeldungsablauf usw., die ein Unternehmer im Blick behalten muss. Werden die Regeln nicht eingehalten, droht dem Unternehmer ein Verzugszins von 4,75 %. Das möchten Sie doch mit Sicherheit vermeiden. Deshalb werden im weiteren Verlauf des Artikels Details bei der Beschäftigung mit der MWST behandelt, wozu auch die Anwendung unterschiedlicher Steuersätze sowie einige relevante Spezialfälle gehören.
Der höchste MWST-Satz im 21. Jahrhundert
Zum 1. Januar 2024 sind in der Schweiz die neuen, rekordbrechenden MWST-Sätze in Kraft getreten. Laut den Daten der ESTV haben die aktuellen MWST-Sätze das höchste Niveau seit Ende des 20. Jahrhunderts erreicht.
Der durchschnittliche MwSt.-Steuersatz in der Schweiz wurde als einfache Durchschnittsberechnung auf Basis von drei Komponenten ermittelt: Normalsatz, Sondersatz, und reduzierter Steuersatz.
Obwohl die aktuellen Steuersätze historische Spitzenwerte darstellen, ist die Mehrwertsteuer in der Schweiz im Vergleich zu anderen europäischen Ländern relativ niedrig.
Wie hoch ist der MWST-Satz in der Schweiz im Vergleich zu anderen europäischen Ländern?
Wie bereits erwähnt, gilt in der Schweiz seit dem 1. Januar 2024 der höchste MWST-Normalsatz der letzten Jahrzehnte. Der ehemalige Normalsatz von 7,7% wurde auf 8,1% erhöht. Allerdings liegt der Schweizer MWST-Satz im europäischen Vergleich deutlich niedriger. Während viele EU-Länder Standard-MWST-Sätze zwischen 20% und 25% aufweisen, liegt der MWST-Normalsatz in der Schweiz aktuell bei rund der Hälfte.
Normalsatz, Sondersatz und Reduzierter Steuersatz: Was ist der Unterschied?
Nach Art 25 des Bundesgesetzes über die Mehrwertsteuer finden aktuell in der Schweiz drei unterschiedliche Mehrwertsteuersätze Anwendung:
- Normalsatz
- Sondersatz
- Reduzierter Satz
Die Unterscheidung zwischen diesen Arten der Steuersätze wird in Art. 25 des Bundesgesetzes über die Mehrwertsteuer detailliert erläutert. Die zentrale Idee ist die Anwendung eines individuellen Steuersatzes je nach Warenart und Art der Dienstleistung.
Tipp!
Seit dem 01. Januar 2024 gelten in der Schweiz die neuen Steuersätze. Mehr Informationen über deren historische Entwicklung finden Sie in einem weiteren Blogartikel: Neue MWST-Sätze ab 2024: Die korrekte Anwendung bei Leistungen.
Normalsatz
Der Normalsatz bzw. Standardsteuersatz wird auf meisten Waren und Leistungen in der Schweiz erhoben. Dieser Steuersatz gilt für alle zu versteuernden Leistungen, die nicht dem Sondersatz oder dem reduzierten Satz zugeordnet sind. Der Normalsatz beträgt derzeit 8,1%.
Sondersatz
Der Sondersatz gilt ausschliesslich für Beherbergungsleistungen. Dabei handelt es sich primär um die Kosten für eine Unterkunft inklusive Frühstück, auch wenn dieses separat in Rechnung gestellt wird. Der Sondersatz beträgt derzeit 3,8%.
Reduzierter Satz
Einige Waren und Leistungen unterliegen in der Schweiz dem sogenannten reduzierten Satz, der aktuell bei 2,6 % liegt. Dieser Steuersatz wird auf den Preis (und den Import) für unterschiedliche Lieferungen und Dienstleistungen erhoben. Dazu zählen vor allem:
- Wasser in Leitungen (ausser Abwasserentsorgung)
- Nahrungsmittel und Zusatzstoffe
- Vieh, Geflügel
- Fische und andere Tiere zum Verzehr
- Getreide
- Futtermittel
- Medikamente
- Zeitungen, Zeitschriften, Bücher und andere Druckerzeugnisse ohne Reklamecharakter
Nullsteuersatz bzw. von der Steuer befreite Leistungen
Findet man überhaupt Waren und Leistungen in der Schweiz, auf die keine MWST erhoben wird? Laut Art. 23 des Bundesgesetzes über die Mehrwertsteuer ist diese Variante vom Gesetzgeber immerhin vorgesehen. In erster Linie zählen dazu folgende Arten von Dienstleistungen:
- Lieferung von Gegenständen – mit Ausnahme der Überlassung zum Gebrauch oder zur Nutzung – die direkt ins Ausland befördert oder versendet werden.
- Die Überlassung zum Gebrauch oder zur Anwendung – speziell Vermietung und Vercharterung von Gegenständen -, sofern diese vom Empfänger massgeblich im Ausland genutzt werden.
- Die Lieferung von Gegenständen, die im Rahmen eines Transitverfahrens nachweislich im Inland unter Zollüberwachung standen.
- Die Lieferung von Gegenständen, die aufgrund der Einlagerung in einem Zollfreilager im Inland unter Zollüberwachung standen und diesen Status nicht rückwirkend verloren haben.
- Die Lieferung von Luftfahrzeugen an Luftverkehrsunternehmen, die gewerbsmässigen Luftfahrtverkehr betreiben und deren Umsätze aus internationalen Flügen die aus dem Binnenluftverkehr übertreffen.
- Beförderungsleistungen und Nebentätigkeiten des Logistikgewerbes wie Beladen, Entladen, Umschlagen, Abfertigen oder Zwischenlagern.
FAQ für Schweizer KMU zum Thema «Mehrwertsteuer»
Wie sind die aktuellen MWST-Sätze in der Schweiz?
Die MWST-Steuersätze in der Schweiz wurden im Januar 2024 erhöht:
- Normalsatz: von 7.7% auf 8,1%
- Reduzierter Satz: von 2,5% auf 2,6%
- Sondersatz: von 3.7% auf 3,8%
Wovon hängt die Höhe des MWST-Satzes ab?
Im Grossen und Ganzen hängt die Höhe des Mehrwertsteuersatzes in der Schweiz allein von der Art der Waren und Dienstleistungen ab, die besteuert werden. Man unterscheidet drei unterschiedliche Steuersätze:
- Normalsatz von 8,1% für die meisten Waren und Dienstleistungen
- Reduzierter Satz von 2,6% für ausgewählte lebensnotwendige Güter und kulturelle Produkte
- Sondersatz von 3,8% für Übernachtungen in Hotels und ähnlichen Dienstleistungen.
Ab wann beginnt die MWST-Pflicht für mein Unternehmen?
Nach Art. 10 des Bundesgesetzes über die Mehrwertsteuer sind diejenigen steuerpflichtig, die unabhängig von Rechtsform, Zweck und Gewinnabsicht ein Unternehmen betreiben und mit diesem Unternehmen Leistungen im Inland erbringen. Prinzipiell muss der Jahresumsatz an weltweit verkauften Produkten und Dienstleistungen höher als CHF 100’000 liegen. Dieser Umsatz muss mit sogenannten steuerbaren Leistungen erzielt werden. Für neu gegründete Unternehmen sowie Unternehmen, die in nur wenigen Monaten des Jahres Umsätze erzielen, dient der geschätzte Jahresumsatz als Entscheidungskriterium. Dieser wird im Zweifelsfall spätestens drei Monate nach der Gründung ermittelt. Die Eintrittsschwelle bleibt nach wie vor bei CHF 100’000 pro rata.
Lesen Sie mehr über den Beginn der Unternehmensbesteuerung in unserem Artikel «Wann wird mein Unternehmen mehrwertsteuerpflichtig?»
Ab wann muss man die neuen MWST-Sätze bei der Rechnungsstellung anwenden, sofern ein neuer MWST-Satz in Kraft tritt?
Die Mehrwertsteuer entsteht in der Regel bei der Rechnungsstellung für eine bestimmte Leistungserbringung oder Warenlieferung. Welcher Steuersatz im Falle einer möglichen Änderung des MWST-Satzes bei der Rechnungsausstellung anzuwenden ist, hängt von der jeweiligen Zeitspanne der Leistungserbringung ab. Fällt diese vollständig in die Gültigkeitsperiode entweder des neuen oder des alten Steuersatzes, kommt der entsprechende Mehrwertsteuersatz – also der alte oder der neue – zur Anwendung. In besonderen Fällen kann es vorkommen, dass die Leistungserbringung mit mehreren Rechnungen und unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen ausgeglichen werden muss.
Detaillierte Erklärungen zu diesem Thema finden Sie im Blogartikel: Neue MWST-Sätze ab 2024: Die korrekte Anwendung bei Leistungen
Was ist der Unterschied zwischen dem Sondersatz und dem reduzierten Satz?
Der Unterschied zwischen dem Mehrwertsteuer-Sondersatz und dem reduzierten Satz liegt an den betroffenen Branchen und den daraus resultierenden Steuersätzen. Gemeinsam ist beiden Steuerarten, dass sie niedriger liegen als der Normalsatz. Ziel ist es, ausgewählte Warengruppen und Leistungen zu vergünstigen.
Der reduzierte Satz von 2,6 % gilt, um Basisprodukte des täglichen Bedarfs günstiger zu besteuern. In diesem Fall soll die finanzielle Belastung für die Bevölkerung gesenkt werden.
Der Sondersatz von 3,8 % wurde eingeführt, um die Tourismusbranche zu unterstützen, indem Übernachtungskosten geringfügiger besteuert werden als andere Dienstleistungen.
Wer bezahlt keine MWST?
Der Gesetzgeber sieht mehrere Ausnahmen vor, die keine Mehrwertsteuerabgabe (MWST) erfordern. In erster Linie handelt es sich um folgende Fälle:
- Unterschreitet der Jahresumsatz pro rata die Schwelle von CHF 100’000, ist das Unternehmen von der Mehrwertsteuer befreit. Das Unternehmen muss keine MWST anmelden.
- Lieferungen von Waren ins Ausland sowie ausgewählte Dienstleistungen, die im Ausland erbracht werden, unterliegen in der Regel nicht der Schweizer MWST. Lieferanten dieser Waren und Dienstleistungen bedürfen keiner Mehrwertsteuererhebung.
- Erbringer von bestimmten medizinischen, erzieherischen und kulturellen Dienstleistungen und Aktivitäten sind ebenfalls von der MWST befreit.
Wie hoch ist die MWST im Gastronomiebereich in der Schweiz?
Auf die meisten Speisen und Getränke, die in Restaurants, Cafés, Bars und anderen gastronomischen Betrieben serviert werden, wird normalerweise der Normalsatz der Mehrwertsteuer (MWST) von 8,1 % erhoben.
Was ist der Unterschied zwischen der Nettomethode und der Saldomethode bei der MWST-Abrechnung?
Im Allgemeinen spiegelt die Nettomethode eine detaillierte Abrechnung mit Vorsteuerabzug wider, während es bei der Saldomethode um eine vereinfachte Pauschalabrechnung ohne Vorsteuerabzug geht. Bei der Nettomethode werden Vorsteuer und Umsatzsteuer separat ausgewiesen. Unternehmen müssen die MWST auf ihre Einnahmen berechnen (Umsatzsteuer) und können die Vorsteuer (die MWST, die auf eingekaufte Waren oder Dienstleistungen bezahlt wurde) abziehen. Die Saldomethode hingegen ist eine vereinfachte Abrechnungsform, bei der Unternehmen einen pauschalen MWST-Satz auf ihren Umsatz anwenden und keine Vorsteuerabzüge geltend machen.
In unserem kommenden Blogartikel können Sie sich diesbezüglich einen tieferen Einblick verschaffen. Mehrwertsteuerabrechnung in CH: Nettomethode vs. Saldomethode
Wie kann ich mein Unternehmen für die MWST anmelden und die Steuerabrechnungen einreichen?
Es gibt zwei Optionen, um die MWST anzumelden und die Steuerabrechnungen einzureichen: in Papierform oder auf dem elektronischen Weg. Die Papier-Variante ist jedoch nur noch bis Ende 2024 möglich. Ab dem 1. Januar 2025 müssen sämtliche mehrwertsteuerpflichtigen Unternehmen die Mehrwertsteuer elektronisch anmelden und abrechnen.
Eine ausführliche Einleitung zur Online-Anmeldung sowie das Einreichen der MWST-Abrechnungen finden Sie in unsrem folgenden Blogartikel: Mehrwertsteuer online abrechnen| Treuhand & Buchhaltung
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Fazit
Seit 2024 gelten in der Schweiz die höchsten MWST-Sätze der vergangenen Jahrzehnte. Alle drei vom Gesetzgeber vorgesehenen MWST-Sätze – Normalsatz, Sondersatz und reduzierter Satz – wurden angehoben. Diese Vielfalt an MWST-Sätzen beruht auf dem Prinzip, die Steuersätze branchengerecht anzuwenden. Waren des täglichen Bedarfs werden günstiger besteuert. Der reduzierte Mehrwertsteuersatz beispielweise soll die Tourismusbranche ankurbeln. Als Schwelle für die MWST-Verpflichtung gilt nach wie vor ein Bruttoeinkommen von mindestens CHF 100’000. Sämtliche Details zur MWST sind im Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer aufgeführt.
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