Written by Mauro Bonzanigo on November 27, 2018 in Steuern

Grundsätzlich ist jedes Unternehmen verpflichtet, sich der Mehrwertsteuer zu unterstellen, sofern es entweder den Sitz bzw. Betriebsstätte in der Schweiz hat oder als Unternehmen mit Sitz im Ausland Leistungen in der Schweiz erbringt. Dieser Grundsatz gilt unabhängig von der Rechtsform (GmbH, AG, Einzelfirma, etc.) und der Gewinnabsicht.

Befreiung von der Mehrwertsteuer

a. Unternehmen mit Sitz in der Schweiz
Erzielt ein Unternehmen mit Sitz in der Schweiz weniger als CHF 100‘000 weltweite Umsätze pro Jahr, ist diese Unternehmung von der obligatorischen (MwSt-) Pflicht befreit. Dabei ist die Summe aller steuerbaren Umsätze sämtlicher Betriebsstätten in der Schweiz massgebend.

b. Unternehmen mit Sitz im Ausland ohne Betriebsstätte in der Schweiz
Gleichermassen gilt eine Befreiung von der Mehrwertsteuer für Unternehmen mit Sitz im Ausland ohne Betriebsstätte in der Schweiz, die einen globalen Umsatz von weniger als CHF 100‘000 erzielen und einen Teil dieses Umsatzes in der Schweiz erwirtschaften.

Umgekehrt ist es aber für eine Unternehmung mit Sitz im Ausland ohne Betriebsstätte in der Schweiz so, dass selbst wenn in der Schweiz nur geringfügige Umsätze erzielt werden, die Unternehmung zur Deklaration und Abführung der Mehrwertsteuer verpflichtet ist, wenn globale Umsätze von CHF 100‘000 oder mehr erzielt werden.

c. Unternehmen mit Sitz im Ausland mit Betriebsstätte in der Schweiz
Für Unternehmen mit Sitz im Ausland und einer Betriebsstätte in der Schweiz, wird nur der durch die Schweizer Betriebsstätte erzielte Umsatz betrachtet. Auch hier gilt CHF 100‘000 pro Jahr als massgebliche Umsatzgrösse.

Zweck der Befreiung von der Mehrwertsteuer

Kleinstunternehmen mit geringen Umsätzen werden durch diese Umsatzschwelle administrativ entlastet, unbesehen davon, ob ihr Sitz in der Schweiz oder im Ausland liegt.

Für ehrenamtlich geführte Sport- oder Kulturvereine ohne Gewinnabsicht sowie für gemeinnützige Organisationen beträgt die relevante Umsatzlimite CHF 150‘000 pro Jahr. Wird diese überschritten, muss die Mehrwertsteuer deklariert und entrichtet werden.

Massgebende Umsätze

Welche Umsätze müssen berücksichtigt werden, um eine allfällige Steuerpflicht zu beurteilen? Folgende Umsätze, die nicht von der Steuer ausgenommen sind, müssen herangezogen werden, um eine allfällige Befreiung von der Steuerpflicht zu prüfen:

  • Lieferungen von Waren und Erbringung von Dienstleistungen in der Schweiz
  • Lieferungen von Waren und Erbringung von Dienstleistungen ins bzw. im Ausland
  • Ausland-Ausland-Lieferungen (z.B. Lieferung von ausländ. Betriebsstätte an Kunden mit Sitz im Ausland)
  • Importe (z.B. von Unternehmung mit Sitz im Ausland an Kunden in der Schweiz)

* Der massgebende Umsatz ist exklusive Mehrwertsteuer zu beurteilen. Es gilt der sog. vereinbarte Umsatz, also die den Kunden in Rechnung gestellten Beträge, nicht der effektiv zugeflossene Umsatz.

Nicht massgebende Umsätze

Es gibt drei Arten von Umsätzen, welche für die Berechnung der Umsatzlimite nicht herangezogen werden müssen:

  • Umsätze im In- und Ausland, die gemäss MWSTG Art. 21 Absatz 2 von der Steuer ausgenommen. Einige Beispiele dafür sind (nicht abschliessend):
    1. Medizinische Leistungen
    2. Bildungs- und Erziehungsleistungen
    3. Bestimmte kulturelle Dienstleistungen
    4. Versicherungen
    5. Kreditzinsen
  • Umsätze, die keinem unternehmerischen Zweck entstammen. Z.B. einmalige Auktion einer privaten Oldtimer-Sammlung bei Aufgabe des „Hobbys“.
  • Sogenannte Nicht-Entgelte wie Schadenersatz, Spenden oder Subventionen (MWSTG Art. 18 Abs. 2)
Freiwillige Unterstellung unter die Mehrwertsteuer

Eine freiwillige Unterstellung  – bzw. der Verzicht auf die Befreiung von der Steuerpflicht, wie es umständlich formuliert heisst – ist für sämtliche Unternehmungen, welche die besprochenen Umsatzgrössen nicht erreichen oder die anderen genannten Kriterien nicht erfüllen, grundsätzlich möglich.

Eine freiwillige Unterstellung bietet sich beispielsweise bei folgenden Konstellationen an:

  1. Eine Unternehmung mit geringem Umsatz will gegenüber Kunden, Lieferanten und evtl. anderen Stakeholdern Grösse und Seriosität demonstrieren, obwohl der Umsatz noch tief ist.
  2. Ein Start-up Unternehmen mit hohen Aufwänden und tiefen steuerbaren Umsätzen will die Möglichkeit nutzen, sich bezahlte Vorsteuern von der Eidg. Steuerverwaltung ESTV rückvergüten zu lassen.
  3. Eine Unternehmung mit Sitz in der Schweiz bezieht Dienstleistungen aus dem Ausland. Die Bezugsteuer wird dabei fällig. Die freiwillige Unterstellung und die Wahl der effektiven Abrechnungsmethode ermöglichen es, die Bezugsteuer als Vorsteuer von der Steuerlast abzuziehen.
  4. Eine Unternehmung, eine Veranstalterin von Sportanlässen, die also von der Steuer ausgenommene Leistungen anbietet, entscheidet sich, für die freiwillige Versteuerung dieser Leistungen zu optieren (also sich der MwSt. unterstellen zu lassen). Folglich können dann die bezahlten Vorsteuern geltend gemacht werden (Recht auf Vorsteuerabzug).

→   Noch grösser wäre der Vorteil im letzten Fall, falls sich die Unternehmung erst im Aufbau befindet und die Umsätze aus optierten Leistungen gering und die Aufwände relativ hoch wären.

Wichtig: Das Vorsteuerabzugsrecht besteht nur dann, falls die Aufwände im Zuge der Erstellung von steuerpflichtigen Umsätzen entstehen oder wenn für die entsprechenden Umsätze eine Optierung vorliegt! Bei Leistungsexporten geht die ESTV automatisch von einer Optierung aus

2 Comments
Yves Kuentz

April 29, 2022 @ 09:37

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Bonjour Heinz, auf Mieten kann nur optiert werden, falls es sich um Gewerbevermietungen handelt. Für Wohnliegenschaften die an privaten vermietet wird darf, ist eine MWST ausgeschlossen.

Heinz Brönnimann

Dezember 10, 2021 @ 13:30

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Ist es möglich, auch eine Liegenschaft mit ca. 180’000 Mieteinnahmen der MWST freiwillig zu unterstellen m ihre Vost geltend zu machen.

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